HELSINKI-DEKLARATION 2012
FÜR DAS RECHT AUF GENITALE AUTONOMIE
In Anbetracht der Tatsache, dass es das fundamentale und unveräußerliche Recht jedes Menschen ist, dass seine Person geschützt ist ohne Ansehen des Alters, des Geschlechts, der sexuellen Ausrichtung, der Volkszugehörigkeit oder der Religion, wie es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, im internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte sowie in der UN-Kinderrechtskonvention ausgedrückt ist,
erklären wir jetzt, dass jeder Mensch auch das fundamentale Recht auf genitale Autonomie hat, womit gemeint ist:
die persönliche Kontrolle über die eigenen genitalen und Fortpflanzungsorgane; und
Schutz vor medizinisch nicht notwendiger genitaler Veränderung und vor anderen unumkehrbaren Eingriffen in die Fortpflanzungsorgane.
Wir erklären, dass in Übereinstimmung mit dem Recht auf genitale Autonomie die einzige Person, die in eine medizinisch nicht notwendige genitale Veränderung und andere unumkehrbare Eingriffe in die Fortpflanzungsorgane einwilligen kann, folgende ist:
im Falle, dass es sich um eine Person handelt, die in der Lage ist, aus freier Willensentscheidung zuzustimmen, nachdem sie vollständig über die Art, die Risiken und Vorteile des Eingriffs informiert wurde: die Person, an der der Eingriff vorgenommen werden soll; und
im Falle, dass es sich um eine Person handelt, die dazu nicht in der Lage ist, einschließlich junger Kinder: nur eine ordentlich festgelegte öffentliche Autorität oder ein Gericht, das die Menschenrechte und die Interessen der betroffenen Person sorgfältig abwägt, nachdem auch die Ansichten von Familienmitgliedern, Fachleuten und ein unabhängiger Anwalt der Person gehört wurden.
Wir erkennen, dass Eltern und Erziehungsberechtigte ein grundlegendes Recht auf Gedankenfreiheit, Meinungsfreiheit und Religionsfreiheit haben. Diese Rechte von Eltern und Erziehungsberechtigten sind nicht absolut; sie sind begrenzt durch die ebenso grundlegenden Rechte anderer, insbesondere ihrer Kinder.
Wir erklären, dass gesunde Genitalien und Fortpflanzungsorgane natürliche, normale und funktionelle Teile des menschlichen Körpers sind. Regierungen und Gesundheitsvorsorgeeinrichtungen haben die Pflicht, Eltern und Kinder über nichtverletzende Hygienemaßnahmen und Pflege der Genitalien und Fortpflanzungsorgane zu informieren und deren anatomische und physiologische Entwicklung und Funktion zu erklären.
Wir begrüßen und unterstützen weitere Forschungen über die negativen Folgen von Eingriffen in diese Organe.
Wir lehnen Forschungen und Experimente ab, die die Durchführung medizinisch nicht erforderlicher Veränderungen und andere unumkehrbare medizinische Eingriffe an Genitalien und Fortpflanzungsorganen bei nicht zustimmungsfähigen Kindern und Erwachsenen betreffen.
Wir rufen alle Regierungen auf, das Recht auf genitale Autonomie für jedes Kind und jeden Erwachsenen zu bestätigen, womit gemeint ist:
die persönliche Kontrolle über die eigenen genitalen und Fortpflanzungsorgane; und
Schutz vor medizinisch nicht notwendiger genitaler Veränderung und vor anderen unumkehrbaren Eingriffen in die Fortpflanzungsorgane.
Wir rufen alle Mitgliedsstaaten, die die UN-Kinderrechtskonvention unterzeichnet haben, auf, ihre Verpflichtungen aus dieser Konvention ernst zu nehmen, insbesondere die Artikel 2, 12, 14, 19 und 24.
12. Internationales Symposium für Kinderrechte und genitale Autonomie (29. 9. – 3. 10. 2012, Helsinki).