Leitbild des Facharbeitskreises Beschneidungsbetroffener

Unser Leitbild

WER SIND WIR?

Wir sind der Facharbeitskreis Beschneidungsbetroffener im MOGiS e.V. Im Facharbeitskreis versammeln sich Menschen, die von chirurgischen Eingriffen an ihren Genitalien negativ betroffen sind.

WELCHE ZIELE WOLLEN WIR ERREICHEN?

Unser Ziel ist die politische und gesellschaftliche Ächtung aller Formen nicht-therapeutisch indizierter chirurgischer Eingriffe an einwilligungsunfähigen Menschen.

Dazu gehört die Abschaffung des § 1631 d und damit eine Rückkehr zum uneingeschränkten Recht des Kindes auf eine gewaltfreie Erziehung.

Genitalverstümmelungen sollen als Verstoß gegen das Recht auf körperliche Unversehrtheit und sexuelle Selbstbestimmung gesellschaftlich anerkannt und strafrechtlich geahndet werden.

Ein Ziel ist die umfassende Aufklärung aller Bevölkerungsgruppen über die Folgen von nicht-therapeutischen Eingriffen an Genitalien von Kindern.

Wir wirken darauf hin, dass die betroffenen Fachgebiete der Medizin ihre teilweise Blockade zur Behandlung und Erforschung von Spätfolgen unnötiger chirurgischer Eingriffe an den Genitalien von Kindern aufgeben, diese wissenschaftlich untersuchen und davon als Kind betroffenen Menschen Hilfen anbieten.

Da diese Eingriffe zu gesundheitlichen Problemen und erheblichen sexuellen Einschränkungen führen können, müssen rehabilitierende Maßnahmen zum Leistungskatalog der Krankenkassen gehören.

Unser Ziel ist es außerdem, der Pathologisierung komplikationsfreier Zustände der Genitalien von Kindern entgegenzuwirken. Medizinisch unnötige Untersuchungen und Behandlungen an den Genitalien von Kindern sind zu unterlassen.

WAS TUN WIR?

Innerhalb des Facharbeitskreises bietet sich Betroffenen die Möglichkeit des gegenseitigen Austausches über dieses Thema, der für viele in ihrem sozialen und erst recht beruflichen Umfeld nur schwer bis gar nicht möglich ist.

Im Facharbeitskreis erfolgt oft erstmals ein nichtanonymer Austausch über die eigenen im Kindesalter erlittenen Modifikationen der Genitalien und das Erleben der sich daraus ergebenden Folgen.

Wir betreiben Aufklärung über dieses noch immer weitgehend tabuisierte Thema mittels Publikationen wie z.B. des Zirkumpendiums.

Wir knüpfen Kontakte und streben Kooperationen mit Organisationen an, die unseren Werten und Zielen aufgeschlossen sind. Dazu zählen insbesondere Menschenrechtsverbänden, Ärztevertretungen und z.B. auch sexualpädagogisch aufklärenden Institute.

Wir erstreben die Einflussnahme betroffener Menschen auf politische Prozesse und versuchen dies durch Kontaktaufnahme mit Entscheidungstragenden - mit dem Ziel der Mitwirkung in Gremien und Ausschüssen - zu ermöglichen.

WIE SEHEN WIR UNSER MITEINANDER UND UNSERE ZUSAMMENARBEIT?

Wichtig ist uns eine konstruktive und respektvolle Zusammenarbeit.

Wir fühlen uns einem wertschätzenden und anerkennenden Umgang miteinander verpflichtet. Dadurch kann Vertrauen wachsen.

Die Aufarbeitung unserer eigenen Geschichte steht nicht im Mittelpunkt. Wir sind sehr vorsichtig damit, andere mit ihr zu konfrontieren.

Dadurch, dass wir alle über unsere Arbeit im Facharbeitskreis hinaus noch in verschiedenen anderen Netzwerken tätig sind, ist es für uns möglich, schnell gezielt Informationen von vielen Betroffenen einzuholen.

Das Spektrum der Betroffenengruppen, die wir auf diese Weise erreichen, geht von Betroffenen religiöser Traditionen, über Betroffene tradierter Formen der Genitalverstümmelung bis zu Betroffenen, die aus fragwürdigen "medizinischen" Gründen Eingriffe an ihren Genitalien erdulden mussten.

UNSERE GRUNDEINSTELLUNGEN UND WERTE

Die Bewertung nicht-therapeutischer Eingriffe an den Genitalien obliegt einzig und allein den davon Betroffenen.

Für uns zählt ausschließlich die Perspektive der als Kind Betroffenen - welche dem medizinisch nicht indizierten Eingriff an ihren Genitalien ausgesetzt waren und für den Rest des Lebens mit dessen Folgen leben müssen.

Die Schwere und die Folgen des Eingriffs dürfen nicht, wie bisher häufig geschehen, durch die Absicht oder die Motivation der den Eingriff anordnenden Erwachsenen Relativierung erfahren.

Die Durchsetzung der körperlichen und sexuellen Selbstbestimmung von Kindern sehen wir als gesamtgesellschaftliche Aufgabe an, die auch weltweites Handeln erfordert - unabhängig vom sozialen, ethnischen, religiösen oder politischen Kontext oder der Geschlechterzugehörigkeit.

Wir sind uns weiterhin darüber im Klaren, dass der angestrebte Schutz aller Kinder - unabhängig vom Geschlecht - nicht allein durch eine gesetzliche Regelung gewährleistet sein wird. Unabdingbar ist deswegen die umfassende Aufklärung aller Bevölkerungsgruppen über die Folgen von nicht-therapeutischen Eingriffen an Genitalien von Kindern.

Wir sind der Ansicht, dass es für ein so komplexes Problem keine einfachen Lösungen geben kann und dass die Durchsetzung der Rechte des Kindes etwas ist, was nur langfristig gelingen wird, wenn viele gesellschaftliche Gruppen konstruktiv und friedlich zusammenarbeiten.

Wir stehen in der Arbeit unserer Initiative für demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien. Wir wenden uns entschieden gegen rassistische, antisemitische, sexistische oder andere ausgrenzende Einstellungen.

Die Grundsätze unseres Leitbildes gelten auch für die Arbeit mit unseren Kooperationspartnern. Wir arbeiten mit Personen und Initiativen zusammen, die unsere Grundeinstellung und Werte teilen. Bei Zweifeln setzen wir die Kooperation erst fort, nachdem unsere Bedenken ausgeräumt sind.