Stellungnahme Alexander Bachl, Mitglied des Facharbeitskreises Beschneidungsbetroffener im MOGiS e.V.
Ohne Wenn und Aber
Durch den Sturm der Anschuldigungen und Beleidigungen durch die Beschneidungsbefürworter nach dem Urteil des Kölner Gerichtes zur Strafbarkeit der Zwangsbeschneidung nicht einwilligungsfähiger Jungen parolten die Politiker, die Beschneidung müsse möglich sein. Dementsprechend wurde die Debatte geführt, dementsprechend ist der Referentenentwurf verfasst.
Denn die Beschneidung muss möglich sein. So erscheint es nicht verwunderlich, dass unglücklich Beschnittene in keiner Weise im Diskussionsprozess mitwirken durften, sie wurden aus Kapazitätsgründen ausgeladen. Wie sollte man denn auch ein Gesetz zur Kindesverstümmelung ratifizieren, würden sich die ehemaligen Opfer, nun nicht mehr hilflos, dagegen aussprechen. Also am besten ignorieren.
Denn die Beschneidung muss möglich sein. Auch das Fehlen nötiger Studien über die sexuelle und psychische Auswirkung [II., 4] ist kein Grund, eben solche vor einer Legalisierung in Auftrag zu geben. Die Amputation des Großteils der Nerven wird zur Kenntnis genommen [II., 4], doch das Verbieten zumindest der extremen Formen der Zirkumzision, die genau auf das Entfernen von möglichst viel sensibler Haut abzielt (low & tight; low & loose) steht nicht zur Diskussion.
Denn die Beschneidung muss möglich sein. Studien gefälscht wiederzugegeben [II., 4; (Stehr u. a., a. a. O., 54)] und andere Stellungnahmen ohne jedwede Beweise zu akzeptieren, wenn sie nur dem eigenen Ziel dienen [II., 4; DGTP], ist die logische Konsequenz. Jedes Mittel ist Recht.
Denn die Beschneidung muss möglich sein. So erscheint es nicht verwunderlich, wenn man von der Unvergleichbarkeit der FGM spricht und deshalb die Unterscheidung der FGM in Kategorien verbietet.[IV, I und II] Dass die WHO die FGM in 4 Typen aufteilt, wobei die weniger invasiven Formen der weiblichen Genitalverstümmelung auch von Ärzten und Experten mit der Zirkumzision gleichgestellt, manche sogar als weniger gravierend betrachtet werden, ist in diesem Zusammenhang irrelevant.
Denn die Beschneidung muss möglich sein. Nicht aus jedem Grund, denn wer seinem Kind mit der Beschneidung schaden will, darf das nicht. Den Schaden dürfen nur die Kinder bekommen, die aus Liebe verstümmelt werden. [B, zu Satz 2]
Denn die Beschneidung muss möglich sein. Man spricht von Betäubung, überlässt die Notwendigkeit aber dem Beschneider, der auch ein medizinischer Laie sein darf. [B, 2, zu Satz 1, b) Man spricht vom Kindeswillen und streicht diesen im nächsten Atemzug mit der Begründung der religiösen Kindererziehung. [B, zu Satz 1, 2, a]
Denn die Beschneidung muss möglich sein. So wird die Tatsache, dass im 19. Jahrhundert Millionen Knaben wegen der sexualfeindlichen Vorstellungen der Viktorianischen Ära als Masturbationsverhinderung zwangsbeschnitten wurden, zum positiven Effekt erklärt, da durch die Verstümmelung eine nette Familientradition entstand. [II., 2, c]
Denn die Beschneidung muss möglich sein. So reicht die Tatsache, dass die Beschneidung den Penis optisch gravierend verändert, nicht aus, um unglücklich zu sein. Mann muss einen körperlichen bzw. psychischen Schaden beweisen. Jedes Tattoo, geschweige denn eine Amputation würde die Eltern aus genau diesen Gründen das Sorgerecht kosten, nicht aber eine Genitalverstümmelung.
Denn die Beschneidung muss möglich sein. Es ist nur logisch, den Rechtsweg für unglücklich Beschnittene zu verbauen, wenn diese alt genug sind, sich zu wehren. Die Beschneidung ist doch rechtens und Recht ist nicht schlecht. Unglückliche Opfer zerstören diese Tatsache nur und deshalb gibt es keine.
Denn die Beschneidung muss möglich. Das Gesetz ist nämlich auch mit der Kinderrechtskovention vereinbar. Diese hat nämlich gar nicht zum Ziel gehabt, die männliche Gentalverstümmelung zu verbieten, sondern nur die weibliche. [VII, 1] Hätte man das aber so geschrieben, wäre das aber sexistisch gewesen. Zur Erinnerung: Die Menschenrechte waren ursprünglich nur für die weiße, männliche Bevölkerung Europas gedacht.
Die Beschneidung muss möglich sei, ohne Wenn und Aber.