Die Folgen des Schweigens

"Für tausende afrikanischer Jungen hat das Schweigen der internationalen Gemeinschaft verheerende gesundheitliche Konsequenzen"

 

Die nationale (FAZ, WELTN24) und internationale Presse berichtet in diesen Wochen wiederholt über Opfer von rituellen Vorhautamputationen im Kindes- und Jugendalter in mehreren afrikanischen Ländern.

 

Im Fokus der Berichterstattung stehen gravierende Zahlen von Verletzten, Schwerverletzten und Todesfällen, die man in der öffentlichen Wahrnehmung bisher eher mit der weiblichen Genitalverstümmelung in Verbindung brachte. Von mindestens 419 Todesfällen in den letzten Jahren ist die Rede, und rund doppelt so vielen Penisamputationen in Folge von Komplikationen. Mindestens 456.000 weitere Jungen mussten in Krankenhäusern behandelt werden. Wie groß hierbei die Dunkelziffer ist, läßt sich nur erahnen.

 

In einem beachtenswerten Artikel vom 25.8.2014 greift der "Guardian" nun die erstaunliche Tatsache auf, dass internationale Hilfsorganisationen auf die dramatischen Vorfälle bisher in keiner Weise reagieren und den bedrohten und verletzten Jungen nicht zu Hilfe kommen, geschweige denn öffentlich Konsequenzen gefordert hätten.

 

Als Ursache wird ein möglicher Interessenkonflikt vermutet, wenn Organisationen wie z.B. die WHO, die massiv Massenbeschneidungen als angebliche Präventivmaßnahme gegen HIV-Ansteckungen propagieren, gleichzeitig Opfer von Zwangsbeschneidungen anerkennen und sich kritisch mit den Folgen männlicher Genitalverstümmelung auseinandersetzen würden. Nicht einmal zu einer Abgrenzung der "freiwilligen Erwachsenenbeschneidung", die in großem Umfang beworben wird, von der Zwangsbeschneidung an Kindern konnten sich die Organisationen hier durchringen - zu groß ist dort wohl die Angst, dass diese Praxis bei näherer Betrachtung den mühsam aufgebauten Mythos des Allheilmittels verlieren könnte. Wie sich diese völlige Vernachlässigung des Kinderschutzes zugunsten einer umstrittenen Kampagne mit den ethischen und moralischen Standards, die man sich dort auf die Fahnen geschrieben hat, in Einklang zu bringen sein soll, ist mehr als fraglich.

 

http://www.theguardian.com/commentisfree/2014/aug/25/male-circumcision-ceremonies-death-deformity-africa