BVKJ und MOGiS e.V. kritisieren zum morgigen „Aktionstag gegen Geschlechterdiskriminierung“ die unterschiedliche Gesetzeslage zu medizinisch nicht indizierten Genitaloperationen an Kindern: Während bei Mädchen zu Recht jegliche Eingriffe unabhängig von Invasivität und Motivation der Eltern als Verstümmelung und schwere Straftat bewertet würden, seien Vorhautentfernungen an Jungen ausdrücklich erlaubt und sogar im Erziehungsrecht der Eltern verankert.
Dazu Dr. Wolfram Hartmann, Präsident des BVKJ: „Die aus religiösen oder kulturellen Gründen erfolgende Entfernung der Vorhaut bei nicht entscheidungs- und einwilligungsfähigen Jungen ist unserer Ansicht nach ein Verstoß gegen das elementare Kindesrecht auf körperliche Unversehrtheit. Für Jungen sollte das gleiche Recht gelten wie für Mädchen, bei denen die Beschneidung als Straftat gilt. Bezüglich der körperlichen Unversehrtheit eines Jungen darf Elternrecht nicht höher gewertet werden als Kindesrecht.“
Önder Özgeday ergänzt für den Facharbeitskreis Beschneidungsbetroffener im MOGiS e.V.: „Der heutige Aktionstag verdeutlicht für Betroffene wie mich gleich eine doppelte Diskriminierung: zum einen als Junge bzw. heutiger Mann, der nicht den gleichen Schutz in elementaren Grundrechten erfuhr wie beispielsweise meine Schwestern. Zum anderen durch das häufig vorgebrachte Scheinargument, Menschen aus den entsprechenden Kulturen müssten selbst über die Frage von Vorhautamputationen an Jungen entscheiden. Sind meine Grundrechte also bestenfalls ein Zufallsprodukt, weil ich türkischer Herkunft bin? Sind sie den deutschen Staat und diese Gesellschaft nicht wert, für sie einzutreten? Ich erwarte, dass sich die Antidiskriminierungsstelle endlich diesen Fragen öffnet und sie im Sinne der Umsetzung von unteilbarem Kinderrecht offen diskutiert.“
Literaturhinweise:
Matthias Franz (Hg): Die Beschneidung von Jungen – ein trauriges Vermächtnis
Vandenhoeck & Ruprecht
Clemens Bergner: „Ent-hüllt! Nur ein kleiner Schnitt? Betroffene packen aus über Schmerzen – Verlust – Scham“
Tredition